Manfred Burger, Vorsitzender des Bund Naturschutz Miesbach (li.) mit Hans Urban, MdL, und Ulrike Küster, Kreisvorsitzende der Grünen Miesbach. (Fotos: privat)
„Beim Autokauf wird mehr Zeit und Hirn investiert als beim Hausbau.“ Das ist einer von diesen typischen Wieland-Sätzen, wie wir sie alle kennen: knapp, zugespitzt und sehr sehr richtig. Dieter Wieland hat ihn im Herbst bei der Vernissage zu unserem Neudruck der Ausstellung „Grün kaputt – Landschaft un Gärten der Deutschen“ in Beuerberg gesagt. Und er ist hängengeblieben bei mir. Genauso wie dieser hier: „Was hätten wir in diesen 40 Jahren schon alles erreichen können!“
Was in 40 Jahren schon erreicht werden hätte können, das haben wir uns am 18. Juli in Holzkirchen auch gefragt. Der Bund Naturschutz Miesbach zeigt dort bis 27. August unsere Ausstellung „Grün kaputt – Landschaft un Gärten der Deutschen“ im ATRIUM-Gesundheitszentrum (Eintritt frei, täglich geöffnet). Denn fast 40 Jahre ist es jetzt her, 37 um genau zu sein, dass Dieter Wieland und seine Weggefährten Peter Bode und Rüdiger Disko durch Bayern gefahren sind. Immer, wenn sie wieder so eine Hässlichkeit gefunden haben, haben sie scharf gebremst und auf den Auslöser ihrer Kameras gedrückt. Ihnen verdanken wir einen kritischen Blick auf die Baukultur in unserem Land, der heute so aktuell wie damals ist, nur dass der Jägerzaun und die Koniferen ersetzt worden sind durch Gabionenwand und Steingarten.
Hans Urban, MdL, führte in die Ausstellung ein.
Trotz ungebremster Enwicklungen, die uns allen Sorgen bereiten, gibt es auch Anlass zur Hoffnung. Das Zeitfenster für nachhaltige Veränderung ist günstig wie nie. Denn das Bewusstsein in unserer Gesellschaft ändert sich. Langsam, aber stetig. Davon bin ich überzeugt. Wir haben das Artenschutz-Volksbegehren erlebt. Noch nie haben so viele Menschen ein Volksbegehren unterzeichnet in Bayern, auch wenn man ein Jahr danach kritisch nachfragen muss, ob die Staatsregierung den Auftrag der Menschen ernst nimmt. In vielen Bereichen ist sicher Nachbesserung angesagt und das schleunigst. Aber die Richtung der Entwicklung, immerhin sie stimmt. Wir haben eine Jugend, die aufrüttelt und selbstbewusst das Wort ergreift. Wir haben immer mehr Menschen, die beginnen, sich bei den Grünen zu engagieren, was mich natürlich besonders freut. 16.800 Grüne-Mitglieder in Bayern (Stand Januar 2020), 2017 waren es noch erst 9000.
Wir haben mit Corona eine Zäsur, die auch Gutes verheißen kann. Wir haben gesehen, wie Menschen plötzlich wieder einen Wert für Lebensmittel entwickelt haben. Ökokisten und Hofläden haben einen Nachfrageboom erlebt. Regionalität, das Wissen, wo das Lebensmittel herkommt und wie es erzeugt wird, ist plötzlich wieder was Wert. Und das ist nur ein Beispiel aus dieser Zeit.
Ich bin zuversichtlich, dass sich die Sichtweise durchsetzen wird, dass wir Corona als Chance zum Aufbruch begreifen müssen. Jetzt, wo wir in eine Rezession hineingegangen sind, wird eine Neuorientierung nötig und es wird heißen, beim Wiederaufbau in die richtige Richtung zu gehen.
Wir müssen die Wirtschaft mit aller Kraft in eine nachhaltige, enkeltaugliche Richtung lenken. Wir müssen die Digitalisierung nutzen; alle haben durch Corona gesehen, welche Vorteile sie in der Arbeitswelt bieten kann. Wir müssen die Landwirtschaft ökologisieren und endlich einen Einklang herstellen zwischen dem Erhalt der Artenvielfalt, Umwelt- und Klimaschutz und der Landbewirtschaftung.
Gesichter hinter Masken versteckt – Vernissage im Corona-Sommer 2020.
Und um zurückzukommen zum Thema der Ausstellung: Wir müssen den Flächenverbrauch klar begrenzen. Dafür haben wir unseren grünen Gesetzesentwurf zum Flächensparen erarbeitet, der gerade im Landtag diskutiert wird. Tag für Tag verschwinden rechnerisch zehn Hektar Wiesen, Wälder und Felder in Bayern unter Asphalt und Beton – das entspricht etwa 14 Fußballfeldern. Wir Grüne wollen den Flächenverbrauch durch eine verbindliche Höchstgrenze von fünf Hektar Flächenverbrauch pro Tag in Bayern halbieren, bis 2026, und so verbindliche Leitplanken schaffen. Auch um die Entwicklung zu stoppen, dass lebendige Ortskerne sterben, weil ihnen Discounter an Umgehungsstraßen oder gesichtslosen Ortseinfahrten das Geschäft abgraben.
Für all diese Schritte braucht es Mut auf allen Ebenen. Wir wissen sehr gut, was zu tun ist, um unsere Welt in eine gute Zukunft zu führen – wir müssen es jetzt nur endlich umsetzen!
In vielem waren wir uns in Holzkirchen am Samstag einig. Ich freue mich sehr, dass ich in die Ausstellung einführen durfte. Es hat Spaß gemacht! Vielen Dank an den BN Miesbach für die schöne Vernissage! Es ist eine große Freude, dass unsere Ausstellung nach der Zwangspause durch Corona endlich wieder tourt. Und Kultur in Bayern zumindest in kleinen Schritten wieder stattfinden kann.