Die Grünen im Landtag fordern Akuthilfen für die bayerische Tourismusbranche – Urban: „Obwohl sie ab Pfingsten wieder öffnen dürfen, sind für viele Betriebe wie Berghütten oder Campingplätze die Auflagen noch immer nicht eindeutig“
Bad Tölz-Wolfratshausen/Garmisch-Partenkirchen – Die Tourismusbranche in Bayern und besonders im Alpenvorland hat mit den Einschränkungen durch die Corona-Krise zu kämpfen. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Branche mit am längsten unter der Corona-Krise leiden wird. Es gibt Schätzungen, die von einer Erholung des Binnentourismus frühestens im Dezember 2020, im pessimistischen Szenario erst im Oktober 2023 ausgehen“, erklärt der Eurasburger Grünen-Abgeordnete, Hans Urban*.
Zwar hätten die Betriebe durch die schon vollzogenen oder angekündigten Lockerungen Hoffnung geschöpft. Jedoch ist für viele noch immer unklar, welche Regelungen in ihrem ganz konkreten Fall greifen. „Ich denke da an die Berghütten, Campingplätze oder auch Jugendherbergen bei uns im Landkreis, die bis heute keine klaren schriftlichen Regeln von der Staatsregierung bekommen haben.“
Die Grünen im Landtag, zuvorderst ihr tourismuspolitischer Sprecher Christian Zwanziger, versuchen seit Wochen mit aller Kraft, der Staatsregierung Ideen und Konzepte zu liefern, wie der bayerischen Tourismusbranche nachhaltig unter die Arme gegriffen werden kann. „Im Tourismus können viele nicht direkt voll durchstarten. Denen, die wegen der Coronakrise an den Abgrund gedrängt wurden, müssen wir jetzt eine Brücke in die Zukunft bauen“, betont Zwanziger. Es gebe bereits Unterstützungsmöglichkeiten, die vielen Unternehmen auch geholfen haben. Jedoch seien Teile der Branche bisher durchs Raster gefallen. „Beispielsweise die Reisebüros im ganzen Land sind in einer sehr schwierigen Situation“, gibt der Abgeordnete zu bedenken. Auch Urban fordert zusätzliche Unterstützung: „Es braucht Hilfen für die, die auch nach Ende Mai ihren Betrieb noch nicht wieder aufnehmen können. Und es braucht klare Ansagen auch für die Kleinen der Branche.“ Seine Fraktion fordert unter anderem Akuthilfen für die Tourismuswirtschaft sowie eine professionelle Krisenberatung für die Branche (Dokumente siehe unten).
„Wenn ich ans Oberland denke, dann sehe ich zum Beispiel unsere Berghütten, die weiter vor riesigen Problemen stehen, obwohl sie formal ab Pfingsten wieder öffnen dürfen. Viele können Schlafplätze nur in Matratzenlagern bieten, die Waschräume sind Gemeinschaftsanlagen. Für sie wird es extrem schwierig werden, die Einhaltung der Abstandsregeln zu gewährleisten. Und in dieser ohnehin schwierigen Situation haben die Hüttenwirte bis heute keinen verbindlichen schriftlichen Handlungsleitfaden bekommen, an dem sie sich in ihrer ganz speziellen Situation orientieren können“, so Urban. „Deshalb sperren viele lieber gar nicht auf.“ Ähnlich gehe es den Betreibern von Campingplätzen (dazu ein Offener Brief von Christian Zwanziger, MdL, unten) oder Jugendherbergen.
Daneben mahnen die Grünen an, die Solo-Selbstständigen in der Branche nicht zu ignorieren: „Wir müssen auch an die Existenzen von Selbstständigen in der Branche denken, Berg- und Skiführer, Wander- und Naturführer. Ihnen allen sind die Einnahmequellen weggebrochen und unser Staat darf sie nicht vergessen.“ Über allem müsse weiter der Gesundheitsschutz stehen. „Trotzdem müssen wir schauen, dass wir dem Tourismus in Bayern, so gut es eben geht, wieder auf die Beine helfen“, so Urban.
Unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes werde künftig eine sinnvolle Besucherlenkung immer wichtiger, gerade an Hotspots des Tagestourismus wie am Kochel- oder Walchensee. „Hier fordern wir seit langem ein Konzept und haben schon vor Corona einen ganz konkreten Antrag gestellt. Nur leider unsere Forderungen damals nicht für unterstützenswert erachtet. Vielleicht haben sich hier die Meinungen mittlerweile verändert“, so Urban. (Antrag „Mit Plan in die Zukunft: Konzept zum Tagestourismus im Alpenraum erarbeiten“ unten)
Hintergrund: Die Tourismusbranche ist eine wichtige Säule der bayerischen Wirtschaft. 2019 lag der Umsatz der Branche in Bayern bei rund 34 Milliarden Euro. Damit hat der Freistaat einen Anteil von mehr als 20 Prozent an der touristischen Wertschöpfung Deutschlands. Seit der Verhängung der Ausgangsbeschränkungen Mitte März liegt die Tourismusbranche in ganz Bayern brach. Für den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen bedeutet das allein in den Monaten März und April laut Landratsamt einen Umsatzeinbruch von 33 Millionen Euro. Für die Pfingstferien verzeichnen die touristischen Einrichtungen im Landkreis zwar nun wieder viele Buchungsanfragen und Hotels, Ferienwohnungen etc. dürfen ab dem 30. Mai wieder öffnen. Allerdings ist bis heute nicht für alle Unterkünfte klar, unter welchen konkreten Bedingungen dies geschehen soll. Das Hygienekonzept Beherbergung, das das Wirtschafts- und das Gesundheitsministerium eine Woche vor der geplanten Öffnung des Tourismus veröffentlicht haben, gibt nicht allen Betrieben klare Anweisungen und Perspektiven. Eine Handlungsanweisung beispielsweise für Betriebe mit Gemeinschaftsbädern soll sich zwar laut Medienberichten in Arbeit befinden. Doch selbst wenn diese bis zum Wochenende kommt, ist es für die betroffenen Betriebe schwierig, sich innerhalb kürzester Zeit darauf einzurichten.