Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Hans Urban, Christian Hierneis BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 17.07.2019:
Die Verteilung von Wasser wird nach Einschätzung des Umweltbundesamts nach dem Dürresommer 2018 auch in den Folgejahren zu einem relevanten Thema im Bund und den Ländern. Mehr Nutzer werden sich um die Ressource Wasser streiten, die Landwirtschaft kommt als stark wachsender Nutzer von Wasservorräten dazu. Durch den Klimawandel zeichnen sich zunehmende Trockenperioden ab, die mit einem erhöhtem Bewässerungsbedarf für landwirtschaftlich genutzte Flächen einhergehen. Es entsteht eine Konkurrenzsituation zwischen Landwirtschaft/Industrie und Trinkwasserversorgern, was gerade in den Wachstumsregionen Bayerns, etwa im Landkreis Dachau, zu Interessenskonflikten führt.
Wir fragen die Staatsregierung:
1.a) Welchen Anteil nimmt aktuell die Bewässerungsfeldwirtschaft in Bayern ein?
In Bayern ist bei den landwirtschaftlichen Kulturen der Bewässerungsanteil vergleichsweise gering. Nach Angaben des LfStat, Pressemitteilung 2014, beträgt die bewässerte landwirtschaftliche Fläche in Bayern im Jahr 2013 ca. 16.800 ha, entsprechend 0,5 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche inkl. Gartenbau von 3,1 Millionen ha. Für Deutschland werden rund 700.000 ha bewässe-rungsfähige Fläche angegeben, entsprechend ca. 4 % der Landesfläche. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor, da bewässerte Flächen im INVEKOS nicht erfasst werden.
1.b) Welche Wachstumsprognosen liegen hierzu für die kommenden Jahre vor?
Es kann davon ausgegangen werden, dass mit Zunahme der Verdunstung aufgrund der höheren Temperaturen und ausgedehnteren Trockenperioden auch der Bewässerungsbedarf ansteigen wird. Das StMELF hat am 18.10.2018 eine Projektstudie beim Thünen Institut, Braunschweig, in Auftrag gegeben, die den derzeitigen und zukünftigen Wasserbedarf zur Bewässerung landwirtschaftlicher Kulturen für ganz Bayern realitätsnah kalkulieren soll. Die Berechnungen erfolgen bis in das Jahr 2050 und liefern Daten bis auf Gemeindeebene. Die Ergebnisse der Modellierung werden voraussichtlich Ende 2020 vorliegen.
1.c) Welchen Anteil nimmt aktuell die Bewässerungsfeldwirtschaft im Landkreis Dachau ein (Bitte um Vergleich mit den vergangenen Jahren)?
Da in INVEKOS keine bewässerten Flächen erfasst werden, können hierzu keine Angaben gemacht werden.
2.a) Wie haben sich die Grundwasserstände nach den überdurchschnittlich trockenen Jahren 2018 und 2017 in Bayern entwickelt (Bitte um Informationen nach Landkreisen)?
Die staatlichen Grundwassermessnetze orientieren sich an der räumlichen Verteilung der 10 wasserwirtschaftlich bedeutsamen Grundwasserleiter in Bayern. Dabei werden punktuelle für den jeweiligen Grundwasserleiter repräsentative Daten gewonnen. Das Grundnetz Grundwasserstand umfasst aktuell 620 Messstellen, entsprechend 120 km² je Messstelle. Sie stehen in keinem fachlichen Zusammenhang mit administrativen Grenzen, wie z. B. Landkreisgrenzen. Eine landkreisweise Darstellung ist deshalb nicht möglich. Wegen der regional sehr unterschiedlichen Verhältnisse ist nur eine messstellenscharfe Beurteilung der Grundwassersituation zielführend. Hierfür ist in Bayern der öffentlich zugängliche Niedrigwasser-Informationsdienst NID (www.nid.bayern.de) eingerichtet. Dort können für die jeweils gewählte Messstelle entsprechende Auswertungen aufgerufen werden. Ebenso lassen sich aktuelle Messwerte abfragen.
Grundsätzlich sind folgende aggregierte Aussagen möglich:
In den oberflächennahen Grundwasserleitern (obere Grundwasserstockwerke) lag zum Jahreswechsel 2018/2019 die Anzahl der als niedrig und sehr niedrig klassifizierten Messstellen (ca. 400 Objekte) auf einem Niveau von rund 55 %. Auf Grund z. T. ergiebiger Niederschläge Ende Mai wiesen zwischenzeitlich nur noch rund, 20 % der Messstellen niedrige oder sehr niedrige Werte auf. Als Folge der trockenen und z. T. sehr heißen Monate Juni und Juli, stieg der Anteil der Grundwassermessstellen mit Niedrigwasserverhältnissen bis heute wieder deutlich an. Vereinzelt werden bereits neue Niedrigststände (NNW) gemessen. Aktuell werden an 52 % der oberflächennahen Messstellen in Bayern niedrige oder sehr niedrige Werte gemessen. Zum Vergleich: Im Trockenjahr 2018 wurden zum gleichen Zeitpunkt an 67 % und im Jahr 2017 an 27 % der Messstellen niedrige oder sehr niedrige Werte gemes-sen.
In den Tiefengrundwasserleitern (tiefere Grundwasserstockwerke, ca. 100 Objekte) weisen viele der Grundwassermessstellen seit mehreren Jahren sinkende Grundwasserstände auf, wobei neben dem Klimawandel auch mögliche Nutzungseinflüsse relevant sein können. Aktuell werden an 74 % der Messstellen in Bayern niedrige oder sehr niedrige Werte gemessen. Dies entspricht in etwa dem Wert aus dem Trockenjahr 2018 zum gleichen Zeitpunkt. An mehreren Messstellen wurden in den letzten Tagen/Wochen neue Niedrigststände gemessen (NNW).
2.b) Inwieweit rüstet sich die Staatsregierung für Probleme, die durch den Klimawandel und damit einhergehende längere Trockenperioden hinsichtlich der Verfügbarkeit von Wasser entstehen werden?
Aufgrund des Klimawandels und den dadurch bedingten bayernweit rückläufigen Grundwasserneubildungsraten ist ein vorausschauendes Handeln wichtig, um mögliche Engpässe zu vermeiden. Hierzu gehören Fragen der Bewirtschaftung und des Schutzes der Ressource Grundwasser sowie die Bewertung der wasser- und gesamtwirtschaftlich sinnvollsten Struktur der Wassergewinnung und -verteilung. Dies gilt vordringlich für den Bereich der öffentlichen Trinkwasserversorgung. Deshalb wurde bereits vor Jahren damit begonnen, Wasserversorgungsbilanzen auf Regierungsbezirksebene nach einheitlichen Bewertungskriterien aufzustellen. Wichtigstes Ziel der Wasserversorgungsbilanz ist eine in die Zukunft blickende Bewertung der Versorgungssicherheit in den Gemeinden bzw. Wasserversorgungsunternehmen und ggf. das Ableiten und Initiieren von Verbesserungsmaßnahmen. Dazu gilt es in erster Linie den künftigen Wasserbedarf abzuschätzen und dem vorhandenen, langfristig gesicherten und schützbaren Dargebot, auch unter dem Aspekt „Schutz und Bewirt-schaftung der Ressource Grundwasser“, gegenüber zu stellen. Ein weiteres Kriterium für die Beurteilung der Sicherheit der Trinkwasserversorgung ist die Frage nach Versorgungsalternativen, dem sog. „zweiten Standbein“ (Verbund von Anlagen oder Erschließung zusätzlicher Ressourcen). Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungssicherheit werden dort, wo erforderlich, vorgeschlagen.
2.c) Wie bereiten sich die Wasserversorger für erwartbare Phasen von Wasserknappheit vor?
Die Wasserversorger können aufgrund der Wasserversorgungsbilanzen (siehe Ziff. 2.b) ihre eigene Versorgungsstruktur im Detail überprüfen und rechtzeitig Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der Versorgungssicherheit planen. Das Mittel der Wahl ist dabei das „Zweite Standbein“. Durch regionale aber auch überregionale Verbünde können lokale Engpässe ausgeglichen werden. Mit Hilfe einer staatlichen Förderung nach RZWas werden diese Aktivitäten durch den Freistaat Bayern unterstützt.
3.a) Wie möchte die Staatsregierung dem zunehmenden Interessenskonflikt bei der Nutzung der Ressource Wasser zwischen Trinkwasserversorgern und Landwirtschaft begegnen?
Unabhängig von der späteren Nutzung hat das Thema nachhaltige Bewirtschaftung des Grundwassers oberste Priorität. Bei etwaigen Interessenkonflikten genießt die öffentliche Wasserversorgung Vorrang vor anderen Wasserbenutzungen. Dies insbesondere nach den bundesgesetzgeberischen Wertungen des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG). Erlaubnisse und Bewilligungen für Gewässerbenutzungen sind zu versagen, wenn schädliche (auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare) Gewässerveränderungen zu erwarten sind (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG). Unter schädlichen Gewässerveränderungen sind insbesondere Beeinträchtigungen der öffentlichen Wasserversorgung zu verstehen (§ 3 Nr. 10 WHG). Auch die bei der Ausübung des Bewirtschaftungsermessens (§ 12 Abs. 2 WHG) zu beachten den allgemeinen Grundsätze für die Gewässerbewirtschaftung sehen vor, Nutzungsmöglichkeiten insbesondere für die öffentliche Wasserversorgung zu erhalten oder zu schaffen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 WHG). Dabei handelt es sich um eine für die Ermessensausübung richtungsgebende Leitlinie zugunsten der Wasserversorgung (Nr. 2.1.1.3 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Wasserrechts in Bayern –VVWas). In Bayern ist außerdem in Kap. Nr. 7.2.2 des Landesentwicklungsprogramms festgelegt, dass die Wasserversorgung Vorrang bei der Nutzung des Grund-wassers hat („Grundwasser soll bevorzugt der Trinkwasserversorgung dienen.“). Alle anderen Wassernutzungen müssen unter diesen Regelungen bewertet werden. Dabei gilt es, angesichts steigender Nachfrage aus dem Bereich landwirtschaftliche Be-wässerung auch einen angemessenen Ausgleich zwischen den möglichen Nutzern zu finden, um zum Beispiel „Wasserrechte auf Vorrat“ oder gar „einen Handel mit Wasserrechten“ verlässlich auszuschließen.
3.b) Bewertet die Staatsregierung die Regelung als zeitgemäß, dass unter bestimmten Bedingungen eine Förderung von Grundwasser in geringen Mengen aus dem ersten ungespannten Grundwasserstockwerk für Zwecke der Land- und Forstwirtschaft und des Gartenbaus erlaubnisfrei und lediglich der Kreisverwaltungsbehörde anzuzeigen ist?
Mit Art. 29 Abs. 1 Bayerisches Wassergesetz (BayWG) hat Bayern von der Länderöffnungsklausel in § 46 Abs. 3 WHG Gebrauch gemacht. Danach ist das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser in geringen Mengen für Zwecke der Land- und Forstwirtschaft und des Gartenbaus zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit erlaubnisfrei gestellt. Nach der hierzu erlassenen Verwaltungsvorschrift VVWas Ziffer 2.5.2.1. sind für die Beurteilung, ob eine dem Grundwasser zu entnehmende Wassermenge gering ist, das Verhältnis der Entnahme zum nutzbaren Grundwasserdargebot im Bereich der Entnahme und bereits bestehenden Benutzungen nach den jeweiligen örtlichen Verhältnissen zu würdigen. Um eine geringe Menge handelt es sich regelmäßig nicht mehr, wenn eine landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Fläche von über 1 ha Größe oder mit mehr als 50 m³ pro Tag (= 0,578 l/s, 24 h) beregnet werden soll, oder andere – auch erlaubnisfreie – Wasserbenutzungen, insbesondere für Trinkwasserzwecke, dadurch beeinträchtigt werden könnten. Wird diese Grenze überschritten, liegt eine erlaubnispflichtige Benutzung vor. Das bedeutet allerdings nicht im Umkehrschluss, dass eine Entnahme unterhalb dieser Grenze immer erlaubnisfrei ist. Vielmehr ist fachlich nach regionalen hydrogeologischen Gegebenheiten zu differenzieren. Während im niederschlagsarmen Nordbayern und weniger höffigen Gebieten wohl eine Entnahmemenge von 50 m³/d nicht mehr grundsätzlich als gering zu beurteilen ist, kann in Gebieten mit höffigen Porengrundwasserleitern diese Entnahmemenge ohne nähere Prüfung als gering beurteilt werden. Diese Beurteilung obliegt im Einzelfall dem amtlichen Sachverständigen (nach Anzeige der geplanten Entnahmeeinrichtung z. B. Brunnen nach § 49 Abs. 1 WHG i. V.m Art 30 Abs. 1 BayWG; 2.5.5.1 VVWas).
3.c) Wie reagieren Behörden, wenn die Förderung von Grundwasser in geringen Mengen aus dem ersten ungespannten Grundwasserstockwerk für Zwecke der Land- und Forstwirtschaft und des Gartenbaus der Kreisverwaltungsbehörde angezeigt wurde, dann jedoch in darunter liegende Grundwasserstockwerke gebohrt wurde und von dort Wasser entnommen wird?
Werden die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie Grundwasserentnahme nicht erfüllt, und liegt hierfür auch keine wasserrechtliche Erlaubnis vor, so obliegt es der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde, in Abstimmung mit dem zuständigen Wasserwirtschaftsamt, die im konkreten Einzelfall unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gebotenen gewässeraufsichtlichen Maßnahmen bzw. Anordnungen zu treffen (z. B. Einstellungsanordnung, ggf. teilweiser oder vollständiger Rückbau). Eine Grundwasserentnahme ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit Bußgeld bis zu 50.000 Euro belegt werden kann (§ 103 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 WHG). Bei entsprechender nachträglicher Antragsstellung wäre durch die Kreisverwaltungsbehörde unter Beteiligung des amtlichen Sachverständigen zu prüfen, ob die Benutzung ggf. unter Inhalts- und Nebenbestimmungen nach-träglich genehmigt werden kann. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob die Entnahme von Tiefengrundwasser mit den Grundsätzen und Zielen des Landesentwicklungsprogramms (LEP), insbesondere der Ziffer 7.2.2 vereinbar ist. Dies muss im Einzelfall von den vor Ort zuständigen Behörden entschieden werden.
4.a) Welche Mengen an Wasser durften in den letzten 10 Jahren in Landkreis und Stadt Dachau für die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen verwendet werden (aufgeschlüsselt nach Jahr, Gemeinde, Grund- oder Oberflächengewässer und Art der landwirtschaftlichen Nutzung)?
Die genehmigten Wassermengen sind in der Tabelle in der Anlage, aufgeschlüsselt nach Jahr, Gemeinde, Grundwasser oder Oberflächengewässer und nach der Art der landwirtschaftlichen Nutzung, dargestellt. Der Anstieg der Entnahmemengen beruht auf einer Zunahme der bewässerungsbedürftigen Kulturen und einem erhöhten Be-darf infolge Trockenheit.
Die Landkreiszusammenstellung ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

4.b) Aus welchen Gründen werden Anträge (Erstanträge sowie Anträge auf Verlängerung auslaufender Genehmigungen) auf Genehmigung zur Nutzung von Wasser für landwirtschaftliche Flächen in Hinblick auf konkurrierende berechtigte Interessen genehmigt oder abgelehnt?
Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Nr. 10 WHG ist eine Erlaubnis für das Zutagefördern von Grundwasser zu versagen, wenn schädliche auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen, die das Wohl der Allgemeinheit und insbesondere die öffentliche Wasserversorgung beeinträchtigen, nicht ausgeschlossen werden können. Im Rahmen des wasserrechtlichen Verfahrens fließen insbesondere Fragen des Bedarfsnachweises, des sparsamen Umgangs, der möglichen Auswirkungen auf Drittnutzer bzw. sonstige Dritte und besonders Fragen der Nachhaltigkeit in die Bewertung ein. Im Hinblick auf konkurrierende Interessen (Nutzungen) wird im Rahmen der Ausübung des Bewirtschaftungsermessens des § 12 Abs. 2 WHG geprüft und festgelegt, welche Entnahmemenge genehmigt werden kann, um das zur Verfügung stehende Grundwasser gerecht unter den Interessenten zu „verteilen“. Dabei gilt es das „Windhundprinzip“ auszuschließen. Es handelt sich hierbei immer um eine Einzelfallentscheidung der zuständigen Behörden, die von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten abhängig ist.
4.c) Wie wurden die Grund- und Fließwasser-Entnahmen zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen in den letzten 5 Jahren überprüft und kontrolliert (aufgeschlüsselt nach Jahr und Gemeinde)?
Eine Überwachung erfolgt im Rahmen der technischen Gewässeraufsicht nach Art. 58 Abs. 1 BayWG durch das Wasserwirtschaftsamt stichprobenartig, objektbezogen und nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei werden u. a. die Betreiberprotokolle zu entnommenen Wassermengen und Wasserständen überprüft. Eine bayernweite Auswertung liegt nicht vor.
5.a) Wie viele angezeigte und genehmigte Bewässerungsbrunnen, insbesondere mit Zugang zum Tiefengrundwasser (2. Schicht) existieren im Landkreis Dachau?
Derzeit sind zwei angezeigte und ausgebaute Brauchwasserbrunnen mit Zugang zu den oberen Horizonten des Tiefengrundwassers aktenkundig. Für beide Brunnen besteht derzeit allerdings keine Genehmigung zur Wasserentnahme. Diese beiden Brunnen werden derzeit nicht genutzt. Weiterhin wurden im Rahmen der technischen Gewässeraufsicht drei zu tief gebohrte Brunnen im Tertiärhügelland aufgefunden, die Tiefengrundwasser erschließen. Das Verfahren zum Rückbau aller drei Brunnen wird aktuell durch das Landratsamt betrieben.
5.b) Auf welcher fachlichen Grundlage werden Brunnenbohrungen genehmigt, um die Trinkwasserversorgung langfristig sicherzustellen?
Für die Begutachtung von Brunnenbohrungen für die Trinkwasserversorgung sind von den Wasserversorgungsunternehmen Ausarbeitungen zum Nachweis des Bedarfs, zur Prüfung alternativer Gewinnungsmöglichkeiten, zur Bilanzierung des Grundwasserhaushalts und zur Prüfung von Schutzwürdigkeit, -bedürftigkeit und -fähigkeit des Grundwasservorkommens vorzulegen. In der Regel werden diese Gutachten durch beauftragte Fachbüros erstellt und umfassen auch eine Einzugsgebietsermittlung der geplanten Grundwassererschließung und einen Vorschlag für die Ausweisung eines Trinkwasserschutzgebietes. In Antragskonferenzen kann von der Wasserwirtschaftsverwaltung der für den Einzelfall erforderliche Umfang der Bearbeitung vorgegeben werden.
5.c) Wie reagiert die Staatsregierung, sobald sich in einer Region wie etwa im Landkreis Dachau ein Nachlassen der Grundwasser-Neubildungsrate andeutet?
Die Beurteilung der zu genehmigenden Entnahmemengen zu Bewässerungszwe-cken erfolgt in Abhängigkeit des nutzbaren Grundwasserdargebotes und der bewirtschafteten Flächen des Antragstellers. Zur Abschätzung des nutzbaren Grundwasserdargebots werden im Rahmen der wasserwirtschaftlichen Beurteilung in der Regel die langjährigen mittleren Grundwasserneubildungsraten zugrunde gelegt. Grundsätzlich geht man bei einer Entnahmemenge bis zu 30 % der Grundwasserneubildung von einer Deckung der Entnahmen durch das nutzbare Grundwasserdargebot aus. Auf dieser Basis ist davon auszugehen, dass im Landkreis Dachau die bisher genehmigten Entnahmemengen durch das nutzbare Grundwasserdargebot gedeckt sind. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist davon auszugehen, dass ein Nachlassen der Grundwasser-Neubildungsrate vorerst grundsätzlich nicht zu Ein-schränkungen führen wird. Die weitere Entwicklung muss dabei aber abgewartet werden. Regional können sich auch Unterschiede ergeben. Jedoch werden innerjährliche Verschiebungen bei den Niederschlägen, mit einer Zunahme im Winter und einer Abnahme im Sommer, bei Brunnen in wenig ergiebigen Grundwasservorkommen wie beispielsweise in räumlich eng begrenzten Grundwasservorkommen im Tertiärhügelland zu signifikanten Rückgängen des Dargebots in Trockenzeiten führen. Ein Lösungsansatz könnten entsprechende Speicher- und Rückhaltemöglichkeiten, auch von Niederschlagswasser und Oberflächengewässern, sein.
6.a) Wie wird bei angezeigten Brunnenbohrungen die Genehmigungsfreiheit sichergestellt oder kontrolliert?
Einer Bohranzeige bei der Kreisverwaltungsbehörde sind die zur Beurteilung erforderlichen Unterlagen beizufügen (Art. 30 Abs. 1 Satz 1 BayWG). Nach fachlicher Überprüfung durch das Wasserwirtschaftsamt werden an die Ausführung der Bohrung die notwendigen Anforderungen festgelegt und durch die Kreisverwaltungsbehörde dem Anzeigenden mitgeteilt. Dies beinhaltet regelmäßig die Vorgabe einer maximalen Bohrtiefe. Grundsätzlich wird nur eine Bohrung in das oberste Grundwasserstockwerk zu Zwecken, die nicht der öffentlichen Trinkwasserversorgung dienen, positiv begutachtet (Ziffer 7.2.2 (B) LEP vom 01.09.2013). Ziel ist es, ein Eindringen der Bohrung in Schichten des Tiefengrundwassers sicher zu verhindern.
Nach erfolgter Bohrung wird eine Dokumentation mit erbohrtem Schichtenaufbau und erreichter Bohrtiefe dem Wasserwirtschaftsamt zur Überprüfung vorgelegt. Sofern die Unterlagen nicht freiwillig vorgelegt werden, können diese ggf. gewässeraufsichtlich eingefordert werden. Ergeben sich aus der Dokumentation Unregelmäßigkeiten oder Anhaltspunkte für eine Abweichung vom zugelassenen Bohrumfang, erfolgt eine vertiefte Prüfung mit Ortseinsicht.
Grundsätzlich liegt es in der Eigenverantwortung des Vorhabenträgers, den Brunnen entsprechend den im Anzeigeverfahren vorgelegten und geprüften Unterlagen zu errichten und die erlaubnisfreie Entnahmemenge nicht zu überschreiten.Eine Überprüfung bzw. Überwachung im späteren Betrieb des Brunnens erfolgt im Rahmen der technischen Gewässeraufsicht nach Art 58 Abs. 1 BayWG durch das Wasserwirtschaftsamt stichprobenartig, objektbezogen und nach pflichtgemäßem Ermessen.
6.b) Auf welcher Basis werden Nachgenehmigungen erteilt?
Wasserrechtliche Bescheide für Grundwasserentnahmen werden in der Regel zeitlich befristet erteilt. Nach Ablauf der Befristung ist ein neues wasserrechtliches Verfahren erforderlich, in dem die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens entsprechend der zum Zeitpunkt des neuen Antrags vorliegenden wasserwirtschaftlichen Situation wieder neu geprüft und bewertet wird.
Werden Gewässerbenutzungen widerrechtlich ohne die erforderliche wasserrechtliche Zulassung ausgeübt, kann die Verwaltungsbehörde verlangen, dass ein entsprechender Antrag gestellt wird (Art. 67 Abs. 1 BayWG). Die Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit obliegt der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde unter Beteiligung des amtlichen Sachverständigen. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 3.c).
6.c) Sind die Wasserversorger in diesen Prozess mit eingebunden?
Eine Einbindung der örtlichen Wasserversorger im Rahmen des wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren erfolgt, wenn sich eine öffentliche Wasserversorgung mit eigener Wassergewinnung in der Umgebung befindet und die beantragte Nutzung aufgrund der Beurteilung des amtlichen Sachverständigen einen Einfluss auf die Trinkwassergewinnung haben könnte.
7.a) Mit welchen Maßnahmen werden die Anforderungen der Landwirtschaft und der Trinkwasserversorgung aufeinander abgestimmt?
Für landwirtschaftliche Bewässerungszwecke ist die Entnahme von Grundwasser nur auf das erste oberflächennahe Grundwasserstockwerk beschränkt. Bei der Beurteilung eines Antrages gilt der Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung. Ansonsten wird auf die Antwort der Frage 3.a) verwiesen.
7.b) Welche fachlichen Gutachten zur Bewertung der Neubildungsrate des Grundwassers im Landkreis Dachau liegen der Staatsregierung vor?
Das Bayerische Landesamt für Umwelt führt bayerweite Berechnungen der Grundwasserneubildungsrate mit Hilfe des Bodenwasserhaushaltsmodell GWN-BW durch. Dabei werden Klimadaten des DWD, digitale Höhenmodelle sowie Landnutzungs- und Bodeninformationen genutzt. Es werden hierzu zwei bayernweite Modellvarian-ten für den Betrachtungszeitraum 1951-2018 angewandt.
• „KLIWA-Datensatz“ für überregionale Untersuchungen, v. a. im Kontext Klima-änderung: Höhenmodell DHM50, CORINE 2000 Landnutzung und Bodenkarte BÜK1000 (Berechnungsgrundlage: ca. 100.000 Einzelflächen)
• Räumlich hoch aufgelöster Datensatz für regionale Betrachtungen und als Grundlage für Gutachten: Höhenmodell DHM5, CORINE 2012 Landnutzung und Bodenkarte ÜBK25 (Berechnungsgrundlage: ca. 700.000 Einzelflächen)

8.a) Inwieweit lässt die Staatsregierung Forschung im Bereich der wasserschonenden Bewässerung in der Landwirtschaft, der Züchtungsbemühungen hinsichtlich klimatoleranter Nutzpflanzen und wasserschonender Fruchtfolgen betreiben?
Das StMUV finanziert den Projektverbund „BayKlimaFit – Strategien zur Anpassung von Kulturpflanzen an den Klimawandel“ von 2016 bis 2019 mit rund 2,4 Mio. € (ins-gesamt 10 Projekte). Einer von drei Projektschwerpunkten ist die Anpassung an klimabedingte Hitzeereignisse und Trockenheit wichtiger heimischer Kulturpflanzen, darunter Gerste. Fünf Projekte verschiedener Universitäten und der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) befassen sich mit diesem Thema. Die LfL forscht im Arbeitsschwerpunkt „Klimaänderung“, im Bereich der Produktionstechnik und der Pflanzenzüchtung (z. B. Trockenstresstoleranz) auch in Franken.
8.b) Sieht die Staatsregierung ein Förderprogramm für wassersparende Bewässerung als ein staatliches Instrument, um die Konkurrenz um Wasser für die Zukunft zu minimieren?
Der Einsatz wassersparender Bewässerungstechnologien in der Praxis ist ein wichtiger Beitrag zur Schonung der Wasserressourcen. Wassersparende Bewässerungstechniken (Tropfbewässerung) als einzelbetriebliche Investitionen können derzeit über das Bayerische Programm zur Stärkung des Weinbaus – Teil A gefördert werden.
8.c) Inwieweit unterstützt die Staatsregierung Entsiegelungsmaßnahmen und eine Reduktion des Flächenverbrauchs für die Grundwasserneubildung?
Im Jahr 2018 wurde im Bereich der Städtebauförderung die bayerische Entsiegelungsprämie als Förderinitiative „Flächenentsiegelung“ eingeführt. Die bayerischen Gemeinden werden hierbei verstärkt zur Entsiegelung befestigter Flächen ermuntert, insbesondere um eine bessere Versickerungsfähigkeit zu erreichen. Zudem werden minder- oder ungenutzte Flächen für neue Nutzungen zurückgewonnen, etwa zur Aufwertung des öffentlichen Raums und des Wohnumfelds.
Mit der ebenfalls im Jahr 2018 eingeführten Förderinitiative „Innen statt Außen“ werden im Rahmen der Städtebauförderung innerörtliche Maßnahmen bezuschusst, die einen Beitrag zum Flächensparen leisten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Erhaltung und Weiterentwicklung des baulichen Bestandes durch Modernisierung und Instandsetzung.
Die effektive Nutzung von Grundstücken und die maßvolle sowie ortsverträgliche Nachverdichtung des baulichen Bestandes in den Stadt- und Ortskernen, als auch die Entsiegelung befestigter Flächen leisten einen wertvollen Beitrag zum Flächensparen und damit zur Reduktion des Flächenverbrauchs.