Anfrage: Güllebehandlung mit pyrolytischer Pflanzenkohle

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hans Urban BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 03.06.2019 + Antwort des Landwirtschaftsministeriums

Die 2017 eingeführte Düngemittelverordnung sieht vor, dass Bäuerinnen und Bauern auf Ackerflächen ab 2020 und im Grünland ab 2025 Gülle nur noch bodennah ausbringen dürfen, um Ammoniakemissionen zu reduzieren. In §6, Satz 3, der Düngeverordnung ist festgelegt, dass auf Landesebene Ausnahmen zur bodennahen Ausbringung erlassen werden können, nämlich dann, wenn diese Ausnahmen zur selben Reduktion der Ammoniakemissionen führen wie eine bodennahe Ausbringungstechnik: „Die nach Landesrecht zuständige Stelle kann […] genehmigen, dass die […] Stoffe mittels anderer Verfahren aufgebracht werden dürfen, soweit diese anderen Verfahren zu vergleichbar geringen Ammoniakemissionen […] führen.“ Eine dieser Ausnahmen, die von der Staatsregierung festzulegen sind, könnte die Güllebehandlung durch Zugabe von pyrolytischer Pflanzenkohle (nicht geeignet ist HTC-Kohle) sein. Nach negativen Untersuchungen mit nicht wirkender HTC-Kohle, die die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) zusammen mit der Hochschule Weihenstephan durchgeführt hat, hat die LfL bislang keine neuen Freilandversuche mit pyrolytischer Pflanzenkohle gemacht. Dabei sind die Vorteile einer Güllebehandlung mit pyrolytischer Pflanzenkohle für die Umwelt wissenschaftlich erwiesen (langfristige CO2-Bindung, Reduzierung der Emission klimaschädlicher Gase, Reduktion der Auswaschung von Nitrat, Unterstützung des Humusaufbaus, Ertragssteigerung, Verringerung der Geruchsbelastung, etc.).

Ich frage die Staatsregierung:

1.a) Inwieweit sind der Staatsregierung die Vorteile von pyrolytischer Pflanzenkohle in der Landwirtschaft bekannt?

Insbesondere aufgrund des Forschungs-Berichts des Thünen-Instituts (Link siehe Quellen) zum Einsatz von Kohlen aus der Pyrolyse und der hydro-thermalen Carbonisierung in der Landwirtschaft ergeben sich bislang keine Hinweise auf deutliche Vorteile von Biokohlen bzw. der in der Anfrage ge-nannten pyrolytisch erzeugten Biokohle.
Zitat aus dem Bericht des Thünen-Instituts: „Schlussfolgernd kann gesagt werden, dass die Applikation sowohl von Pyrokohlen als auch von Hydrokohlen zu Boden bestimmte Eigenschaften verbessern können. Jedoch zeigten weder Pyrokohle noch Hydrokohle einen mehrfachen Nutzen. Es ist sogar eher so, dass die Ausbringung eines Kohletyps mehrere, ungewollte Nebeneffekte verursachen kann. Beispielsweise können Hydrokohlen einerseits die Mobilität von Schadstoffen (s. IPU) im Boden durch Sorption verringern und gleichzeitig noch deren Bioverfügbarkeit durch Kohleabbau gewährleisten. Auf der anderen Seite jedoch ist eine relativ hohe Abbaubarkeit der Hydrokohlen ein Ausschlusskriterium für die potenzielle Nutzung zur Kohlenstoffsequestrierung. Sehr stabile Kohlen wie Pyrokohle wiederum können zwar möglicherweise zur C-Sequestrierung in extensiv genutzten landwirtschaftlichen Böden herangezogen werden, bergen in konventionell und/oder intensiv genutzten landwirtschaftlichen Böden ein Risiko für unvorhersehbare negative Effekte wie beispielsweise Pestizidakkumulation. Der Zusatz von Pflanzenkohlen zu organischen Wirtschaftsdüngern (Rindergülle und Hühnertrockenkot) hatte einen Effekt auf die NH3 (Ammoniak) Emissionen – dieser war jedoch hauptsächlich pH-gesteuert. Eine Reduktion der NH3 Emissionen durch Adsorption von NH4+ (Ammonium) wurde nicht beobachtet. Des Weiteren war die Effizienz der Kohlezugabe zur Reduktion von N-Verlusten in der Form von NH3 unbedeutend im Vergleich zum Effekt durch Ansäuerung der Dünger.“
Im Rahmen einer Masterarbeit an der TH Bingen in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) (J. Matern, 2019) wurden, neben einem Lagerungs- und Ausbringungsversuch, Händlerangaben und insbesondere Literaturstellen im Hinblick auf Geruchs- und Ammoniakemissionen von Biokohlen, Effektiven Mikroorganismen (EM), Steinmehl und Schwefelsäure untersucht. Für Biokohlen als Güllezusatz ergab sich das Bild einer (meist) geruchsmindernden Wirkung bei Lagerung und Ausbringung, allerdings bei sehr großer Spannweite. Dagegen konnten Händlerangaben, dass Pflanzenkohle die Ammoniakabgasung mindert, nur teilweise durch Literaturrecherchen bzw. durch die Versuche der LfL bestätigt werden. Biokohlen können demnach eine geringe ammoniakmindernde Wirkung bei der Lagerung haben, sie haben jedoch oft keinen oder sogar einen leicht ansteigenden Effekt auf die Ammoniakemission bei der Ausbringung. Damit können nach bisherigem Kenntnisstand Biokohlen fachlich nicht sicher zur Ammoniakminderung empfohlen werden. Matern (2019) fand für Biokohlen bei sehr starker Streuung der in der Literatur gefundenen Werte (minus 77 % bis über plus 160 %) eine durchschnittliche (Median) Minderung der Ammoniakemission von rund 11 % (Säure: minus 65 %) bei der Lagerung bzw. bei der Ausbringung eine leichte durchschnittliche Erhöhung der Emission von 6 % (Säure: minus 59 %).

b) Inwieweit sind der Staatsregierung Untersuchungen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft in Hessen bekannt, die zeigen, dass eine Güllebehandlung mit pyrolytischer Pflanzenkohle mehr Ammoniak reduzieren kann als die bodennahe Ausbringung?
Die o. g. Untersuchungen sind dem StMELF bekannt, sofern es sich hierbei um die Arbeiten des Landwirts Dr. Peter Hamel handelt. Die hessischen Forschungseinrichtungen (Justus-Liebig-Universität Gießen, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen) sind derzeit mit der wissenschaftlichen Prüfung der Fragestellung betraut. In diesem Zusammenhang besteht Kontakt zu den Forschungseinrichtungen.
c) Welche Schlüsse zieht die Staatsregierung aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen bzgl. pyrolytischer Pflanzenkohle für die Düngemittelverordnung?
Biokohlen, wie die pyrolytische Pflanzenkohle, stellen nach derzeitigen Erkenntnissen (vgl. Frage 1a) keine Alternative zur streifenförmigen Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern oder direkten Einbringung in den Boden ab 2020 auf bestelltem Ackerland bzw. ab 2025 auf Grünland, Dau-ergrünland oder mehrschnittigem Feldfutterbau nach § 6 Abs. 3 Düngever-ordnung (DüV) dar. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Produkte, der unterschiedlichen Anwendungsweisen und den bisherigen Forschungsergebnissen erscheint es nur sinnvoll, eine systematische Untersuchung bestimmter, fachlich nachvollziehbarer Wirkmechanismen (z. B. Säureeigenschaften, funktionelle Huminsäuregruppen, etc.) von möglichen Gülleadditiven vorzunehmen, um zu reproduzierbaren Aussagen zu gelangen.
Die Anfrage nimmt Bezug auf die Vorgaben nach § 6 Abs. 3 DüV. Laut Anlage 2 Nr. 7.1.10 der Düngemittelverordnung (DüMV) dürfen in der Landwirtschaft nur Holzkohlen aus chemisch unbehandeltem Holz mit einem Kohlenstoffgehalt von größer/gleich 80 Prozent, sowie Braunkohle, Leonardit und Xylit (sofern sie nicht Rückstände aus vorherigen Produktionsschritten sind) verwendet werden.

2.a) Welche Schlüsse zieht die Staatsregierung zusammen mit der LfL aus den Anwendungsmöglichkeiten pyrolytischer Pflanzenkohle generell für deren Einsatz in der bayerischen Landwirtschaft?
Aus Sicht der Landwirtschaftsverwaltung ergibt sich aufgrund der bisherigen Erkenntnisse (vgl. Antwort zu Frage 1a) bislang keine wissenschaftlich begründbare Notwendigkeit zu einer Empfehlung des Einsatzes für die bayerische Landwirtschaft.
b) Wie will die Staatsregierung den Einsatz von pyrolytischer Pflanzenkohle in der bayerischen Landwirtschaft vorantreiben?
Auf Grund der bisherigen Erkenntnisse besteht keine Notwendigkeit, den Einsatz von pyrolytischer Pflanzenkohle in der bayerischen Landwirtschaft weiter voranzutreiben. Die Thematik bleibt aber unter Beobachtung und wird an der LfL weiter beforscht. Anhand der laufenden Ressort-Forschungsaktivitäten sollte man zunächst zu einer abgestimmten Meinung gelangen, insbesondere mit dem Thünen-Institut. Weitere, standardisierte Forschungsarbeit zu Gülleadditiven ist deshalb grundsätzlich sinnvoll.

3.a) Wird die Staatsregierung auf Grundlage von §6, Satz 3, der Düngemittelverordnung eine Güllebehandlung durch pyrolytischer Pflanzenkohle genehmigen (Bitte um Begründung)?
Nach § 6 Abs. 3 Satz 3 DüV kann die nach Landesrecht zuständige Stelle abweichend von den Sätzen 1 und 2 genehmigen, dass flüssige organische und flüssige organisch-mineralische Düngemittel, einschließlich flüssiger Wirtschaftsdünger, mittels anderer Verfahren aufgebracht werden dürfen, soweit diese anderen Verfahren zu vergleichbar geringen Ammoniakemissionen wie die streifenförmige Ausbringung oder direkte Einbringung in den Boden führen. Es geht dabei also nicht um die grundsätzliche Genehmigung einer bestimmten Güllebehandlung, sondern die Genehmigung eines Ve-fahrens mit dem die Ammoniakemission nach der NEC-Richtlinie in vergleichbarer Höhe reduziert wird. Mit Ausnahme der Behandlung von flüssigen Wirtschaftsdüngern mit konzentrierten Säuren, hierbei ungeachtet diesbezüglich vieler noch zu klärenden offenen Fragen, fehlen bei allen anderen Behandlungsmaßnahmen inkl. pyrolytischer Pflanzenkohle, bislang hinreichende wissenschaftlich fundierte Nachweise, welche eine ausreichende Eignung zur Ammoniak-Emissionsminderung im Vergleich zu den in § 6 (3) Satz 1 und 2 DüV genannten Verfahren versprechen. Eine Genehmigung im Sinne des § 3 Absatz 3 Satz 3 DüV ist daher derzeit nicht möglich.
b) Wie will die Staatsregierung dafür sorgen, dass die Kenntnisse bayerischer Landwirt*innen über die Möglichkeiten von pyrolytischer Pflanzenkohle in der Landwirtschaft wachsen?

Für den Fall, dass in Zukunft neue, gesicherte Erkenntnisse über fachlich und ökonomisch deutlich positive Effekte von Güllezusatzstoffen inkl. pyrolytischer Pflanzenkohle in der Landwirtschaft vorliegen sollten, stünde der Ressortforschung ein breites Bündel an Informationswegen (Fachartikel in landwirtschaftlichen Zeitschriften, Internet, Vorträge) zur Verfügung, die auch von der LfL laufend bedient werden. Die LfL bereitet derzeit eine Veröffentlichung der Ergebnisse der Masterarbeit zur Güllebehandlung (Matern, 2019) vor, die Ende Mai 2019 abgeschlossen wurde.

4.a) Wird die Staatsregierung bei der LfL eine wissenschaftliche Untersuchung unter Realbedingungen mit pyrolytischer Pflanzenkohle in Auftrag geben (Bitte um Angabe des Zeitpunkts des Untersuchungsbeginns)?
Das StMELF plant, die LfL mit einem umfangreichen Forschungsprojekt zu „Möglichkeiten zur Minderung von Ammoniakemissionen durch mikrobielle Güllebehandlung und Gülleadditive“ zu beauftragen, das u. a. die Biokohlen berücksichtigt. Ziel des Projektes ist, eine fundierte Empfehlung für eine wirksame Güllebehandlung an die landwirtschaftliche Praxis zu geben. Mit dem Projekt könnte Ende 2019 begonnen werden, sofern es aufgrund der beschränkten Forschungsmittel tatsächlich durchgeführt werden kann.
b) Inwieweit wird die Staatsregierung die LfL dazu verpflichten, bei positiven Untersuchungsergebnissen eine Güllebehandlung mit pyrolytischer Pflanzenkohle in ihre Empfehlungen aufzunehmen (Bitte um Begründung)?

Eine Anweisung des StMELF an die LfL zur Empfehlung von wissenschaftlichen Erkenntnissen ist generell nicht notwendig. Sowohl positive als auch negative, breit abgesicherte Untersuchungsergebnisse bzw. nationale Expertenempfehlungen (VDLUFA, VLK, Arbeitsgemeinschaften im Pflanzenbau), werden wie sonst auch in den Empfehlungen bzw. Nicht-Empfehlungen der LfL als wissenschaftliche Einrichtung ihre Berücksichtigung finden.

5.a) Inwieweit sieht die Staatsregierung durch eine Öffnung der Düngemittelverordnung hin zu einer Güllebehandlung mit pyrolytischer Pflanzenkohle die Möglichkeit, ein Aufgeben kleiner landwirtschaftlicher Betriebe, die etwa in den bergigen Regionen Bayerns Schwierigkeiten bei der bodennahen Gülleausbringung haben, zu verhindern?
b) Wie will sie diesem Umstand Rechnung tragen?

Die Fragen 5a und 5b werden gemeinsam beantwortet.
Bayern hat sich im Zuge der mehrjährigen Beratungen zur Novellierung des Düngerechts im Jahr 2017 massiv für die Anliegen gerade der kleineren bäuerlichen Landwirtschaft eingesetzt. Erst dadurch konnte neben einer Übergangsfrist für die streifenförmige Ausbringungstechnik bei Grünland bis zum Jahr 2025 auch die Aufnahme einer Länderermächtigung für Ausnahmen auf Grund naturräumlicher oder agrarstruktureller Besonderheiten verankert werden.
Hierzu wurde aufgrund der Übergangsfrist bis 2025 noch keine abschließende Regelung für Bayern getroffen. Es wurde aber bereits festgelegt, dass Betriebe, die maximal 15 Hektar landwirtschaftliche Fläche (abzüglich von Flächen nach § 8 Abs. 6 DüV und Steillagen mit mehr als 20% Hangneigung auf 30 % der Fläche) bewirtschaften, von der Verpflichtung zu bodennahen Ausbringung ausgenommen werden. Das ist insbesondere für die Grünlandbetriebe der Gebirgsregionen eine berechtigte Erleichterung. Für ganz Bayern betrifft diese Regelung ca. 50.000 Betriebe.
Die Vorgaben zur Ausbringtechnik für flüssige Wirtschaftsdünger leiten sich aus der Reduzierung von Ammoniakemissionen um 29% bis 2030 nach der NEC-Richtlinie ab. Deshalb kann Bayern über die Befreiung aufgrund naturräumlicher oder agrarstruktureller Besonderheiten hinaus nur Verfahren, die nachweislich vergleichbar geringe Ammoniakemissionen wie die streifenförmige Ausbringung oder das Schlitzverfahren erreichen, von den neuen Vorgaben ausnehmen. Das ist aber durch die Güllebehandlung mit pyrolytischer Pflanzenkohle nach derzeitigem Kenntnisstand nicht gegeben (vgl. Frage 3a).

6.a) Inwieweit möchte die Staatsregierung eine Vorreiterrolle übernehmen und das Verfahren der Güllebehandlung mit pyrolytischer Pflanzenkohle als gleichberechtigt zur bodennahen Ausbringung einstufen (Bitte um Begründung)?
Aufgrund der derzeitigen Sachlage (siehe u. a. die Antworten zu Frage 1, Frage 3a) kann die Güllebehandlung mit pyrolytischer Pflanzenkohle nicht als gleichberechtigtes Verfahren zur bodennahen Ausbringung eingestuft werden.
b) Inwieweit visiert die Staatregierung eine Förderung von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft (bei der Güllebehandlung, als Zufütterung zur Tiergesundheit, als Einstreu im Stall, zum Humusaufbau und zur Erhöhung der Wasserhaltekapazität der Böden) für die Zukunft an?

Eine Förderung ist derzeit nicht vorgesehen. Bisher liegen hierzu keine gesicherten positiven Effekte (vgl. Frage 1a) vor. Die Notwendigkeit, praxisübliche Mengen von Pflanzenkohle als effiziente bzw. notwendige zukünftige Fördermöglichkeit des Humusaufbaus und der Wasserkapazität im Rahmen des Pflanzenbaus einzusetzen bzw. den Landwirten zu empfehlen, muss nach derzeitigem Kenntnisstand zumindest als zweifelhaft unter bayerischen Bodenbedingungen angesehen werden.

7.a) Welche praxistaugliche Chancen sieht die Staatsregierung generell für alternative Verfahren zur bodennahen Gülleausbringung?
Derzeit gibt es keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege für die hinreichende Wirksamkeit von praxistauglichen, alternativen technischen Verfahren im Vergleich zur bodennahen Ausbringung. Potenzial für eine vergleichbare Ammoniakreduzierung wird lediglich in der Zugabe von Säure (Schwefelsäure bzw. andere anorganische Säuren, organische Säuren) bzw. einer hohen Verdünnung der anfallenden Wirtschaftsdünger mit Wasser ge-sehen. Jedoch bedarf die Zugabe insb. von hochkonzentrierter Säure im Stall, im Lager oder bei der Ausbringung vor der großräumigen Umsetzung in der süddeutschen Praxis noch der Klärung offener Fragen bzw. rechtlichen Klärungen. Der hohe Wasserzusatz ist sehr aufwändig und die höheren Transportmengen ökonomisch und ökologisch sehr fragwürdig. Damit gibt vor dem Hintergrund der notwendigen Umsetzung der NEC-Richtlinie in derzeit keine realistischen Alternativen zur weitestgehend bodennahen Ausbringung ab 2020 auf bestelltem Ackerland und 2025 auf Grünland und Ackerfutter. Bei der Verwendung von dünnflüssigen Biogasgärresten zeigt sich, dass die Probleme mit der Futtermittelverschmutzung weitgehend vermieden werden können.
b) Welche Ergebnisse aus wissenschaftlichen Untersuchungen liegen der Staatsregierung hierzu vor?

Vielversprechende positive Ergebnisse über alternative Verfahren zur bodennahen Gülleausbringung im Sinne von Gülleadditiven (außer Säurezusatz) liegen nicht vor. Im Detail sind die Ergebnisse zu Studien über Säuren, Effektiven Mikroorganismen, Bio-Kohlearten und Gesteinsmehlen unter Nennung der einzelnen Studien in der Masterarbeit von Matern (2019) zusammengefasst.
c) Ist die Staatsregierung der Ansicht, dass die staatlichen Forschungseinrichtungen angesichts der Übergangsfristen der Düngeverordnung zu einem schnellen Erkenntnisgewinn zu alternativen Güllebehandlungsmethoden gedrängt werden müssen (Bitte um Begründung)?

Vorrangig sollte in Hinblick auf die Ziele der NEC-Richtlinie der Fokus auf die Umsetzung der Vorgaben der DüV zur Ausbringtechnik gelegt werden, begleitet durch entsprechende Versuche zur Klärung pflanzenbaulicher Fragen in Bezug auf die optimale Wahl des Technikeinsatzes. Speziell in Bayern liegt der Schwerpunkt der Ammoniakemissionen in den Bereichen Wirtschaftsdüngerausbringung und Rinderhaltung. Mit der Umsetzung der Vorgaben zur Ausbringtechnik in der DüV ist etwa die Hälfte der notwendigen Einsparungen möglich. Die Maßnahmen im Stall oder bei der Lagerung von Wirtschaftsdüngern stellen noch einen deutlich größeren Aufwand für die Landwirte dar. Deshalb wurde die LfL mit einem neuen Forschungsvorhaben zur Wirtschaftsdüngerausbringung auf Grünland in Franken beauftragt, um vorrangig die Praxistauglichkeit (z. B. Futterverschmutzung) der streifenförmigen Ausbringtechnik im Vergleich zu anderen Verteiltechniken unter bayerischen Bedingungen zu untersuchen. Gleichzeitig werden aber in einem Teilprojekt des Forschungsvorhabens der TU München erfolgsversprechende Güllezusätze untersucht. Für die wissenschaftliche Absicherung von Ergebnissen muss die hierfür notwendige Zeit eingeräumt werden.

8.a) Welche Erkenntnisse (Vor- und Nachteile) hat die Staatsregierung um die Ammoniakbindung anderer Güllebehandlungsmethoden (z.B. Schwefelsäure, Leonardit, etc.)?
b) Welche Perspektive wird diesen eingeräumt?

Die Fragen 8a und 8b werden gemeinsam beantwortet.
Es wird eine Vielzahl an (biologischen) Zusatzstoffen für Gülle angeboten, deren genaue Wirkung oftmals nicht bekannt und absicherbare Nachweise einer Emissionsminderung nicht vorhanden sind. Zudem sind diese Produkte oftmals mit hohen Kosten verbunden, sodass selbst aus betriebswirtschaftlicher Sicht oftmals eine bodennahe Applikationstechnik zu bevorzugen ist.
Chemische Zusatzstoffe wie beispielsweise Säuren bergen theoretisch ein hohes Potential zur Verminderung von Ammoniakemissionen. Jedoch sind die Langzeitwirkungen (z. B. Auswirkungen auf Boden) nur teilweise bekannt sowie rechtliche Fragestellungen und Aspekte der Arbeitssicherheit noch ungeklärt. Gemäß BVT (Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken, Rili 2010/75/EU) wird neben den bodennahen Applikationstechniken sowie einer Verdünnung der Gülle mit Wasser, die Ansäuerung von Gülle vorgeschlagen. In der wissenschaftlichen Literatur schwanken die Ergebnisse zur Emissionsreduktion durch Ansäuerung je nach Wirtschafts-düngerart zwischen 43 % – 71 % im Stall, 40 % – >90 % bei der Güllelagerung bzw. 12 % – 50 % bei der Ausbringung.
Weitere Ergebnisse zu einigen Gülleadditiven inkl. Schwefelsäure und biologischer Ansäuerung der Gülle zur Reduktion der Ammoniakabgasung und Steigerung der Nährstoffeffizienz (Elsäßer et al, 2018) bestätigen die Re-duktion für Ammoniakverluste durch Säuren. Gleichzeitig ist der Einsatz von Säuren insbesondere auf die Wurzelentwicklung nicht unkritisch zu sehen. Die Autoren kommen zu dem Schluss: „Eine Reduktion der N-Verluste wirkt sich stets ertragsfördernd bzw. umweltschonend aus, kann jedoch auch auf technischem Wege erreicht werden.“
Zu weiteren Güllezusatzstoffen wird auf die Masterarbeit von Matern (2019) verwiesen.
Für Leonardit und andere Substrate mit nachvollziehbaren Wirkmechnismen (pH-Senkung, funktionelle Gruppen, etc.) sind weitere Untersuchungen (Stall, Lager, Ausbringung) sinnvoll.

c) Bis zu welchem Zeitpunkt will die Staatsregierung alternative Methoden zur bodennahen Ausbringung zulassen?

Die Düngeverordnung lässt die Zulassung von anderen Verfahren zu, soweit diese Verfahren zu vergleichbar geringen Ammoniakemissionen führen. Derzeit sind keine alternativen Methoden bekannt, welche ein ausreichendes Minderungspotenzial aufweisen. Eine endgültige Bewertung bestimmter Verfahren kann erst mit Abschluss der laufenden Projekte erfolgen.