Unter dem Titel „Angeberei oder Notwendigkeit“ fragt die Abendschau des Bayerischen Fernsehens, ob das verpflichtende Vorliegen von Trophäen bei den Hegeschauen noch immer Sinn ergibt. Unsere grüne Haltung und meine als forst- und jagdpolitischer Sprecher ist ganz klar: Pflicht abschaffen, Freiwilligkeit herstellen.

CSU und Freie Wähler blieben im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten stur und haben zusammen mit der AfD unseren Antrag abgelehnt. Dabei ist Bayern das letzte Bundesland in Deutschland, das noch an der Pflicht zur Vorlage von Trophäne festhält. Den Beitrag in der Abendschau sehen Sie hier.
Antrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Hans Urban, Gülseren Demirel, Thomas Gehring, Eva Lettenbauer, Jürgen Mistol, Verena Osgyan, Gisela Sengl, Dr. Markus Büchler, Patrick Friedl, Christian Hierneis, Paul Knoblach, Rosi Steinberger, Martin Stümpfig, Christian Zwanziger und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Landtag wolle beschließen:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, § 16 Abs. 4 Satz 3 der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes (AvBayJG) dahingehend zu ändern, dass für die Jägerinnen und Jäger die Pflicht den Kopfschmuck des gesamten in ihren Jagdrevieren im letzten Jagdjahr erlegten oder verendet aufgefundenen Schalenwilds bei der öffentlichen Hegeschau vorzulegen aufgehoben wird und in Zukunft auf freiwilliger Basis erfolgen soll.
Begründung:
Bayern ist bald eines der letzten Bundesländer, bei denen Jäger verpflichtet sind, den Kopfschmuck bei sogenannten Hegeschauen vorzulegen. Alle Revierinhaber müssen den Kopfschmuck des innerhalb eines Jagdjahres erlegten oder verendet aufgefundenen Schalenwilds auf in der Regel von Jägervereinigungen organisierten, öffentlichen Veranstaltungen präsentieren. Sollte ein Revierinhaber seine Trophäen nicht oder nicht ordnungsgemäß zur Schau stellen, kann ein Bußgeld von mehreren hundert, teilweise sogar tausenden Euro verhängt werden. Die Hegeschauen sind aus wildbiologischer und wissenschaftlicher Sicht äußerst fragwürdig: die Erlegung der Trophäenträger erfolgt meist nach traditionellen „Hegezielen“ und persönlichen Einschätzungen (z. B. „Kümmerer“, „Erntebock“). Eine starke Trophäe sagt aber nichts über die Überlebensfähigkeit eines Bockes aus. Auch können dadurch keine Blutlinien und Verwandtschaften erkannt werden oder die Lebensgeschichte von Wildtieren nacherzählt werden, wie die Februar-Ausgabe der Jagd in Bayern im Jahr 2019 schreibt. Gerade beim Rehwild wechselt die Trophäenstärke häufig von Jahr zu Jahr. Weibliche Stücke und Jungtiere, die einen deutlich höheren Anteil am Abschuss ausmachen, werden bei Hegeschauen erst gar nicht zur Bewertung der Revierverhältnisse herangezogen. Daher ist es unmöglich, durch Hegeschauen, Rückschlüsse auf den Zustand einer Population, auf die Dichte der Population und auf das Geschlechtsverhältnis der Population zu ziehen.
Ganz im Gegenteil verführen Trophäenschauen zur Mast durch Fütterung, sie unterstützen genetische Verarmung und tragen zu landeskulturell unverträglichen, hohen Wildbeständen bei. Zudem verursachen sie einen enormen finanziellen und personellen Aufwand. In Bayern gibt es 71 Landkreise, 25 kreisfreie Städte und viele hundert Jagdreviere, die alle die Pflichthegeschauen durchführen müssen. Die Revierinhaber sind enorm finanziell und zeitlich eingebunden, um die Trophäen zu präparieren, zu transportieren, zu katalogisieren, etc. Die unteren Jagdbehörden jedes Landkreises bzw. der kreisfreien Städte müssen sich mit den Hegeschauen beschäftigen. Auch die Bayerischen Staatsforsten (BaySF), die für ihre verpachteten Reviere und die Regiejagdreviere die Abwicklung der „Hegeschauen“ organisieren müssen, werden zeitlich und daher auch finanziell belastet. Diese Steuergelder könnten deutlich sinnvoller verwendet werden. Und dies alles für eine nicht mehr zeitgemäße und unnötige Veranstaltung. Unnötig, denn es müssen bereits die Streckenlisten zur exakten Dokumentation der Abschüsse jährlich vorgelegt werden. Es wird daher für eine Entbürokratisierung plädiert. Eine Hegeschau sollte, wie in allen anderen Bundesländern, auf freiwilliger Basis durchgeführt werden. Jeder, der seine Jagdtrophäen zeigen will, der kann das gerne tun. Die Allgemeinheit und auch ein großer Teil der bayerischen Jägerschaft sollen aber dabei weder finanziell noch zeitlich belastet werden. Der Jagdexperte Bruno Hespeler schreibt in seinem Buch „Jäger wohin“ über die Pflichthegeschauen so treffend: „Sieht die Mehrzahl der Jäger (im DJV oder BJV) wirklich keinen Sinn in der Hegeschau, bedeutet ihre krampfhafte Aufrechterhaltung nichts anderes als die Unterdrückung des Mitgliederwillens, stehen aber alle Mitglieder zur Hegeschau, dann bedarf es auch nicht der Pflicht!“ Denn das freiwillige Ausstellen des Kopfschmuckes wäre auch ohne diese Pflicht weiterhin möglich.
Gerade im Hinblick auf den hohen Wert, den die Freiwilligkeit ansonsten bei der Staatsregierung genießt, wäre ein weiteres stures Beharren auf eine Pflicht zur Trophäenschau in kleinster Weise nachvollziehbar. Eine Abschaffung der Pflicht zur Vorlage der Trophäen bedeutet keineswegs eine Abwertung der Hegeschau als gesellschaftlichen Treffpunkt für Jägerinnen und Jäger sowie sonstigen an der Jagd interessierten Gruppierungen. Denn bislang ist nur die Vorlage der Trophäen verpflichtend, nicht aber der Besuch. Dieser war und ist freiwillig, was aber für die Attraktivität der Veranstaltung bisher nicht von Nachteil war. Die bloße Anzahl der vorgelegten Trophäen dürfte wohl kaum der Grund für die Attraktivität der Veranstaltung für die Besucher sein, sondern eher der gesellschaftliche Ansatz als Treffpunkt für Jägerinnen und Jäger. Hier würde eine Aufhebung der Pflicht zur Vorlage der Trophäen keine negativen Auswirkungen auf den Besuch der Veranstaltung haben, sondern könnte vielmehr als Zeichen gelten, bisherige Traditionen erfolgreich zeitgemäßer weiterzuführen. Damit würde auch die Jagd einen großen Anteil am Bürokratieabbau leisten. So legte das zuständige Staatsministerium am 10.02.2010 im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten einen Kostenaufwand von jährlich 400.000 Euro für die Teilnahme an Pflichttrophäenschauen am Beispiel der Staatsbediensteten in den BaySF dar. Auszug aus dem Protokoll: „… Die BaySF habe intern kalkuliert. Bei etwa 10.000 Trophäen pro Jahr, die vorgelegt werden müssten, werde für die Organisation des Hinbringens, des Einholens und der Einladung der Jagdgäste pro Forstbetrieb mit einem Aufwand von 10.000 Euro kalkuliert. Bei 40 Forstbetrieben seien das 400.000 Euro. …“.
Diese hohen Kosten sind weder der staatlichen noch der privaten Seite zuzumuten, was eine Abschaffung der Pflicht zur Vorlage von Trophäen noch dringender erscheinen lässt.