Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hans Urban BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 16.12.2018 + Antwort des Forstministeriums.
Die lang anhaltende Dürre 2018 setzte vor allem den bayerischen Wäldern sowie ihren Waldbesitzern kräftig zu. Denn während zu Beginn des dritten Quartals das Käferholzaufkommen in Bayern auf einem relativ normalen Niveau lag, stiegen die Zahlen ab August rasant an. Neben den bekannten Käferregionen der letzten Jahre mehrten sich zudem die Meldungen von frischem Stehendbefall im Norden Bayerns. Dadurch wurden nahezu alle verfügbaren Arbeitsressourcen in die Käferholzaufarbeitung gelenkt. Die
Situation am bayerischen Holzmarkt war daher angespannt wie schon lange nicht mehr. Die großen kalamitätsbedingten Holzmengen aus den von Sturm Friederike betroffenen Bundesländern und die erheblichen Käferholzmengen aus dem benachbarten Ausland (vor allem aus der Tschechischen Republik) führten darüber hinaus zu einer Überversorgung
der bayerischen Sägewerke. Die Preise für frisches Fichtenholz haben in den letzten Monaten deshalb erneut nachgegeben und im Gegensatz dazu wurden die Abschläge für Käferholz erhöht und lagen zwischen 15 und 25 Euro pro Festmeter und vereinzelt auch bis 30 Euro. Durch die erhöhten Holzmengen erfolgte auch die Abfuhr der eingeschlagenen Hölzer nur schleppend und dauerte in manchen Regionen sogar bis zu zwölf Wochen nach Bereitstellung. Diese langen Wartezeiten führten teilweise zu erheblichen Qualitätseinbußen und verschärften zusätzlich die Waldschutzsituation.
Ich frage die Staatsregierung:
1.a) Welche Maßnahmen können die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) ergreifen, um die privaten Waldbesitzer bei den fallenden Frischholzpreisen zu unterstützen?
Grundsätzlich können die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) nur in begrenztem Umfang Maßnahmen, wie z.B. eine temporäre Absenkung des Frischholzeinschlags sowie die Nass- und Trockenlagerung von Stammholz, ergreifen, um einen gewissen Beitrag zur Entlastung des Holzmarktes in schweren Marktkrisen zu leisten. Dabei sind jedoch auch die eigenen betrieblichen Belange zu beachten.
1.b) Welche Maßnahmen wurden bereits ergriffen?
1.c) Welche Maßnahmen werden noch ergriffen?
Die BaySF haben aufgrund der Krise am Nadelstammholzmarkt frühzeitig, umfangreich und marktangepasst in mehreren Schritten mit der Rücknahme von Holzeinschlag und Vermarktungsmengen reagiert, um die Märkte von zusätzlichem Holz zu entlasten und den Holzpreis zu stabilisieren. Der Nadelholzeinschlag der BaySF ist vor diesem Hintergrund im laufenden Geschäftsjahr 2019 so niedrig wie noch nie zuvor seit Bestehen des Unternehmens. Zudem wurden erhebliche Holzmengen in Nass- und Trockenlager eingelagert und so dem Markt zusätzlich marktentlastend vorübergehend entzogen. Mögliche weitere Schritte sind von der weiteren Entwicklung, wie z. B. Sturmschäden oder Borkenkäferbefall, und der daraus resultierenden Entwicklung der Märkte abhängig.
2.a) Reicht nach Ansicht der Staatsregierung der bereits reduzierte Frischholzeinschlag seitens der Bayerischen Staatsforsten aus, um für eine Entspannung am Holzmarkt zu sorgen?
Die Vertragsabschlüsse des Holzgeschäftes gehören zum eigenverantwortlich wahrzunehmenden operativen Geschäft der BaySF und unterliegen nach § 11 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung des Unternehmens nicht der Einflussnahme des Aufsichtsrates oder der Staatsregierung. Die BaySF haben mit der Reduzierung des Frischholzeinschlages erheblich dazu beigetragen, die äußerst angespannte Marksituation nicht noch zusätzlich
zu belasten. Außerdem wurde Holz besserer Qualität aus dem bayerischen Staatswald in Nasslagern gelagert und damit der überzeichnete Markt ebenfalls entlastet. Die BaySF sind mit diesen Maßnahmen nach Einschätzung des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) ihrer Verantwortung in diesem schwierigen Marktgeschehen gerecht geworden.
2.b) Ist die Staatsregierung der Ansicht, die Bayerischen Staatsforsten sollten bei Bedarf den Frischholzeinschlag noch weiter reduzieren, um für eine Entspannung am Holzmarkt zu sorgen?
Eine weitere Reduzierung des Frischholzeinschlages ist aus Gründen von vertraglich geregelten Lieferverpflichtungen und aus Rücksicht insbesondere auf kleinere und mittelständische Kunden, die auf eine gewisse Menge an Frischholz angewiesen sind, nur bedingt möglich. Über weitere Maßnahmen können die BaySF – ebenso wie die anderen Anbieter aus dem Privat- und Körperschaftswald – immer nur auf Grundlage der weiteren Entwicklung des aktuellen Marktgeschehens entscheiden.
2.c) Wie verteilen sich die in Bayern jährlich eingeschlagenen Holzmengen nach den jeweiligen Besitzarten (bitte nach Frischholz, Käferholz, Sturmholz trennen)?
Die nachfolgende Darstellung gibt einen Überblick über Holzeinschlag und Kalamitätsnutzungen der Jahre 2006 bis 2017 (Tabelle siehe PdF). Die detaillierten Daten mit der Aufschlüsselung nach Besitzarten und Baumartengruppen für jedes Bundesland sind auf der Internetseite des Statistischen Bundesamts veröffentlich und können unter folgendem Link im Internet aufgerufen werden (Schlagwort „Forstwirtschaftliche Bodennutzung – Holzeinschlagsstatistik“):
Veröffentlichung 2017
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/LandForstwirtschaft/WaldundHolz/Holzeinschlag2030331177004.html
Veröffentlichungen 2014–2016
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/LandForstwirtschaft/AlteAusgaben/HolzeinschlagAlt.html
3.a) Hat die Staatsregierung Kenntnis, wie hoch die Menge an Borkenkäfer- und Sturmholz im Jahr 2018 war, die in den privaten Wäldern nicht aufgearbeitet wurde?
Über nicht aufgearbeitete Borkenkäfer- und Sturmholzmengen im Privatwald liegen der Staatsregierung keine Daten vor.
3.b) Hat die Staatsregierung Kentnis, wie hoch die Menge an Borkenkäfer- und Sturmholz in den privaten Wäldern war, die wegen fehlender Unternehmerkapazitäten nicht aufgearbeitet werden konnte?
Über aufgrund fehlender Unternehmerkapazitäten nicht aufgearbeitete Borkenkäfer- undSturmholzmengen im Privatwald liegen der Staatsregierung keine Daten vor.
3.c) Hat die Staatsregierung Kenntnis, wie viel aufgearbeitetes Holz in den Privatwäldern wegen fehlender Fuhrunternehmer nicht abgefahren werden konnte?
Über aufgrund fehlender Fuhrunternehmer nicht abgefahrene Holzmengen im Privatwald liegen der Staatsregierung keine Daten vor.
4.a) Hat die Staatsregierung darüber Kenntnis, wie hoch der Druck auf die Forst- und Fuhrunternehmer ist, vorrangig die Bayerischen Staatsforsten gegenüber Privatwaldbesitzern zu bedienen?
Forst- und Fuhrunternehmer handeln selbstständig nach wirtschaftlichen Erwägungen. Die BaySF schaffen durch Ausschreibung der Leistungen, z. B. für Forstunternehmer, Transparenz und Planungssicherheit hinsichtlich von Auftragsmengen und -zeiträumen. Eine vorrangige Bedienung der BaySF ist nicht zu erkennen.
4.b) Hat die Staatsregierung darüber Kenntnis, ob private Waldbesitzer von den Forst- und Fuhrunternehmern nicht bedient werden können, da diese zeitgleich bei den Bayerischen Staatsforsten tätig sind?
In Zeiten konzentrierten Holzanfalls durch Kalamitäten leiden alle Waldbesitzarten unter vorübergehenden Engpässen bei den Transportkapazitäten.
4.c) Sind die Bayerischen Staatsforsten bei flächigen Käfer- oder Sturmholzkalamitäten als öffentlich-rechtliche Anstalt dazu angehalten, betriebswirtschaftliches Interesse gegenüber volkswirtschaftlichem Interesse in den Hintergrund zu schieben, um die privaten Waldbesitzer zu entlasten?
Stellung und Aufgaben der BaySF als Anstalt des öffentlichen Rechts sind im Staatsforstengesetz (StFoG) geregelt. Dort ist u.a. festgehalten, dass die BaySF ihre Aufgaben und weiteren Geschäfte nach kaufmännischen Grundsätzen zu erfüllen haben (Art. 3 Abs. 7 StFoG). Eine Priorisierung volkswirtschaftlicher Interessen im Sinne einer Marktsteuerung oder -pflege gegenüber den o.g. Aufgaben des Unternehmens ist nicht Bestandteil der Rechtsvorschrift. Unbeschadet dessen sind sich die BaySF ihrer Verantwortung als öffentlich-rechtliches Unternehmen und großer Holzanbieter bewusst und nehmen, wie sich durch die in der Antwort auf Frage 1 genannte Maßnahme zeigt, entsprechend Rücksicht.
5.a) Wie hat sich der Preis für Frischholz im letzten Jahr entwickelt?
Der Preis für frisches Fichtenstammholz hat sich im vergangenen Jahr stetig nach unten entwickelt. Zu Beginn des Jahres 2018 herrschte noch eine rege Nachfrage, was zu Preisen zwischen 86 und 95 Euro pro Festmeter (vereinzelt 99 Euro) für Fichte in der Stärkeklasse 2b und Qualität B/C führte. Die kalamitätsbedingte Überversorgung ab der zweiten Hälfte 2018 setzte die Märkte zunehmend unter Druck. Zum Jahresende wurden für Fichtenfrischholz (2b, B/C) nur noch zwischen 74 und 88 Euro pro Festmeter
bezahlt.
5.b) Rechnet die Staatsregierung mit einem weiter sinkenden Preis für Frischholz?
Die weitere Preisentwicklung wird davon abhängen, wie sich im laufenden Jahr einerseits die kalamitätsbedingten Holzeinschläge und andererseits die Nachfrage nach Schnittholz entwickeln werden.
5.c) Wie haben sich die nach Bayern eingeführten Frischholzmengen im letzten Jahr entwickelt?
Im Jahr 2017 wurden ca. 1,425 Mio. Tonnen Rohholz nach Bayern importiert. Vergleicht man die Monate Januar bis Oktober der Jahre 2017 und 2018 (für die Monate November und Dezember 2018 lagen zum Zeitpunkt der Erstellung des Berichts noch keine Zahlen vor), so sind die Importmengen 2018 um rund 0,122 Mio. Tonnen höher. Die Statistik unterscheidet hier nicht nach Kalamitäts- und Frischholz.
6.a) Von welchen Ländern wurde Holz eingeführt (bitte jeweils die Menge mit angeben)?
In der nachfolgenden Tabelle sind die Einfuhrzahlen für das Jahr 2017 aufgelistet. Für das Gesamtjahr 2018 lagen zum Zeitpunkt der Erstellung des Berichts noch keine Zahlen vor (Tabelle siehe PdF).
7.a) Ist die Höhe der Zulagen der Vorstandschaft der BaySF von der Höhe der eingeschlagenen Holzmenge abhängig?
Ein geringer Teil der Vergütung der Vorstände ist variabel und bemisst sich nach verschiedenen Kriterien, zu denen beispielsweise auch die Einhaltung bzw. Nicht-Überschreitung des nachhaltigen Hiebsatzes beim Fichteneinschlag gehört.
7.b) Wurde der Aufsichtsrat der BaySF von den möglichen Konsequenzen der aktuellen Holzpreisentwicklung informiert?
Ja.
7.c) Gibt es diesbezüglich Notfallrücklagen o. Ä. bei den Bayerischen Staatsforsten?
Die BaySF haben verschiedene Instrumente und Möglichkeiten, die Liquidität des Unternehmens zu sichern. Als wirksam und vorausschauend erwies sich beispielsweise die Entscheidung des Aufsichtsrats, den im letzten Geschäftsjahr 2018 erzielten ausschüttungsfähigen Gewinn der Staatsforsten zur Liquiditätssicherung im Unternehmen zu belassen.
8.a) Reichen die in diesem Jahr nicht an das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat abgeführten 20 Mio. Euro Überschuss als Rücklage aus?
Das hängt von der weiteren Entwicklung der Märkte ab.
8.b) Soll im Falle eines weiterhin stagnierenden Fichtenpreises der Laubholzeinschlag forciert werden?
Über etwaige Umsteuerungen beim Einschlag wird das Unternehmen in eigener Verantwortung und unter Beachtung der Nachhaltigkeit sowie der Marktlage entscheiden.
8.c) Wie prüft die Staatsregierung die Nachhaltigkeit der Holzvorräte zeitnah?
Durch die Bundeswaldinventur werden hierzu in regelmäßigen Abständen bundesweit Daten in den Wäldern erhoben. Die Bundeswaldinventur ist eine bundeseinheitliche Großrauminventur, die durchgeführt wird, um Zustand und Veränderung der Wälder in Deutschland zu erfassen. Nach § 41a Bundeswaldgesetz werden im regelmäßigen Abstand von zehn Jahren hierzu Daten in den Wäldern erhoben. Dabei werden die Holzvorräte erhoben und es lassen sich Rückschlüsse über Zuwachs und Nutzung im Wald ziehen. Die Ergebnisse sind auch für Bayern repräsentativ. Der Betrachtungszeitraum ist für die Überprüfung der Gesamtnachhaltigkeit sinnvoll.